Das Kiefergelenk
Anatomie
Der Unterkiefer ist der einzige frei bewegliche Knochen des Schädels. Er ist mit der Schädelbasis durch das Kiefergelenk verbunden. Das Kiefergelenk weist eine Besonderheit auf: Es ist ein paariges Gelenk, das bedeutet, dass die Bewegung des einen Gelenks durch Bewegungen des Gelenks der anderen Seite immer nachvollzogen werden muss. Zusätzlich werden die Bewegungen des Unterkiefers durch die Zahnstellung stark beeinflusst.
Das Kiefergelenk besteht aus knöchernen Strukturen wie Gelenkpfanne, Gelenkköpfchen und einem Muskelfortsatz, Knorpelflächen die den Knochen auskleiden, Muskeln die die Bewegungen des Unterkiefer steuern, einem "Discus" - einer bindegewebigen Scheibe die die Reibungen im Gelenk reduziert, einer an kollagenen Fasern und Blutgefässen reichen "Bilaminären Zone", die des Gelenk nach hinten abfedert, einer fibrösen Kapsel die die knöchernen Strukturen umhüllt, Bändern die die Bewegungen des Gelenkes führen, begrenzen und stabilisieren. Im Weiteren versorgen Blutgefässe und Nerven das Gelenk. Nur wenn alle Strukturen gesund und aufeinander abgestimmt sind funktioniert das System reibungslos.
Funktionsstörungen
Wie machen sich Funktionsstörungen bemerkbar?
Typische Anzeichen einer von dem Kausystem verursachten Funktionsstörung sind: Muskelschmerzen (Gesicht, Hals, Nacken, Schultern)
- Chronische Verspannungen
- Häufige Kopfschmerzen, Knacken und Schmerzen in den Kiefergelenken
- Eingeschränkte Beweglichkeit des Unterkiefers
- Ohrgeräusche
Mit Hilfe der manuellen und instrumentellen Funktionsanalyse erhalten wir diagnostisch präzise Werte, die die Therapiemaßnahmen einleiten oder der Vermeidung von Spätschäden dienen.
Manuelle Funktionsanalyse
Am Anfang steht eine detaillierte Anamnese mit der Erhebung der Vorgeschichte. Danach folgt eine eingehende Untersuchung des Zahn-Mund-Kiefer-Systems und seiner Funktionen, unter anderem des Bewegungsspielraums des Unterkiefers nach allen Seiten, von Verspannungen und Schmerzempfindlichkeit der einzelnen Strukturen der Kiefergelenke und der umliegenden Muskulatur. Ebenso werden Knack- und Reibegeräusche in den Kiefergelenken analysiert. Befunde aus Röntgenaufnahmen, Zustand der Zähne, des Zahnfleischs und der Zunge fließen in die Analyse ebenso ein.
Durch die Funktionsanalyse kann festgestellt werden, ob und welche Strukturen des Kiefergelenks betroffen sind und abgeleitet werden, inwiefern Ihnen eine zahnärztliche Therapie nutzen kann.
Instrumentelle Funktionsanalyse
Manchmal ist es notwendig nach der manuellen Funktionsanalyse weitere Daten zu erheben. Nicht alle Beziehungen der Zahnflächen zueinander in der Ruhe und Bewegung lassen sich direkt im Mund untersuchen. Bei der instrumentellen Funktionsanalyse werden zuerst Abformungen der Kiefer genommen und Gipsmodelle hergestellt. Die Lage des Oberkiefers zum Schädel / Kiefergelenk wird mit einem Übertragungsbogen abgegriffen. Die Beziehung des Unterkiefers zum Oberkiefer in der zentrischen Ruheposition sowie Bewegungen des Unterkiefers werden mit speziellen Verfahren registriert. Anhand der gewonnenen Unterlagen werden die Kiefermodelle individuell in einen Artikulator, ein Gerät, das die Kaubewegungen simuliert, übertragen. Der Artikulator ermöglicht die Kieferbewegungen des Patienten genau zu analysieren und hilft die Ursachen der Funktionsstörungen zu ermitteln. Häufig wird anhand der vorhandenen Unterlagen in dem Artikulator eine Schiene (z.B. Knirscherschiene) angefertigt.
Funktionsteherapie
Die dauerhafte Beseitigung der Funktionsstörungen des Kiefersystems erfordert nicht selten ein ganzes Bündel von Maßnahmen. So müssen zum Beispiel Gleithindernisse beseitigt, Knirschflächen verkleinert, verlagerte Zähne entfernt, gekippte Zähne aufgerichtet und Zahnlücken durch Zahnersatz geschlossen werden. Manchmal ist sogar die Neugestaltung der gesamten Oberflächenstruktur oder Stellung der Zähne durch eine prothetische oder kieferorthopädische Behandlung notwendig. Häufig wird die Behandlung durch die Anfertigung eines, nach individuell bestimmten Werten in einem Artikulator (Kausimullationsgerät) hergestellten abnehmbaren Aufbissbehelfs aus Kunststoff, so genannter Okklusionsschiene, die das Kontaktmuster der Kauflächen beider Kiefer optimiert eingeleitet.
Zahnersatz
Was ist beim Zahnersatz zu beachten ?
Die Anfertigung eines Zahnersatzes erfordert genaue Analyse und Übertragung der Beziehung der Kiefer zueinander und zum Kiefergelenk. Dies ist zur Vermeidung von Schäden an den Zähnen, dem Zahnhalteapparat, im Kiefergelenk und den angrenzenden Strukturen unbedingt notwendig. Dabei gilt prinzipiell: je größer der Zahnersatz, desto umfangreicher müssen die funktionsanalytischen und -therapeutischen Maßnahmen sein. Manchmal kann aber schon das Fehlen von 2 oder 3 Zähnen an einer bestimmten Position die Übertragung der individuellen Werte und den Einsatz eines justierbaren Kausimulationsgerätes erfordern. In einigen Fällen kann auch vor der Anfertigung eines Zahnersatzes eine Aufbissschiene zur Entspannung der Muskeln oder zum herausfinden der korrekten Bisslage notwendig sein.
Kosten
Die Gnathologischen Maßnahmen sind Bestandteil der amtlichen Gebührenordnung für Zahnärzte und werden von den privaten Versicherungen in der Regel anstandslos übernommen.
Die "Beihilfe" übernimmt die Kosten nur bei bestimmten willkürlichen und fachlich nicht begründeten Indikationen. Sie werden zum Beispiel übernommen beim Vorliegen einer Kiefergelenkserkrankung oder bei einer prothetischen Versorgung, bei der mindestens die Hälfte der Zähne eines Kiefers präpariert werden.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Behandlungskosten - gemäß Sozialgesetzbuch §28 Abs. 2 Satz 8 - mit funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Maßnahmen nicht und bezuschussen diese auch nicht.
Im Falle einer notwendig werdenden Schienenherstellung, können wir auf Grund einer Gesetzeslücke zumindest die Kosten für die Schienenherstellung über die Krankenkasse abrechnen. Alle weiteren Kosten bleiben Ihnen überlassen.